Frau im femdat-Fokus

Sereina Tanner

Tagesleiterin/Produzentin und Moderatorin bei Blick TV, Ringier AG

In der Rubrik “Frauen im Fokus”, stellen wir auch die Interviews vor, die Stephanie Oehen für den femdat Newsletter führt. Im Februar 2023 mit Sereina Tanner.

1. Wie organisierst du dein Leben – Arbeit, Familie und Freizeit?

Mit viel Flexibilität und Organisation. Ich arbeite 60% in einem Schichtbetrieb, mein Mann ist selbstständig und arbeitet 80%. Er kann seinen Papatag zum Glück flexibel nehmen, da nicht alle meine Arbeitstage fix sind und auch ab und zu ein Wochenende dazu kommt. Die grossen Kinder gehen einmal in der Woche in den Hort und werden einen Tag von meiner Mutter betreut, das Baby geht nach meinem Mutterschutz ab November zwei Tage pro Woche in die Kita. Gerade für unsere Frei- bzw. Paarzeit sind meine Eltern eine grosse Unterstützung und ermöglichen uns vieles. Ohne ihre Hilfe wäre unser Leben um einiges komplizierter – trotz externer Kinderbetreuung.

2. Was darf auf keinen Fall fehlen in deinem persönlichen Alltag. Welches ist deine Top-Prio, auf die du nicht verzichtest?

Ich brauche immer mal wieder Zeit nur für mich allein. Zeit, um mich zurückzuziehen und zu regenerieren. In dieser Zeit habe ich keine fixen Pläne, mache das, was mir dann eben gerade guttut. Mit Freundinnen weggehen, mich zu Hause im Bett einmummeln, lesen, eine Serie schauen, mir eine Massage gönnen, Sport. Ich versuche, gut auf meinen Körper zu achten und mir diese Zeit zu nehmen, wann immer es nötig ist. Ich brauche diese Kraftsammelmomente, um für mein Leben gerüstet zu sein.

3. Wie wurde deine Absenz während dem Mutterschaftsurlaub organisiert?

Jedes Mal mit einer internen Lösung. In meinem vorherigen Job als Radioredaktorin ist mein Team für mich eingesprungen und meine damalige Chefin hat mehr Schichten im Tagesgeschäft übernommen. Aktuell wird eine ehemalige Praktikantin meine fehlenden Stellenprozente befristet besetzten. Sie wird jedoch nicht direkt meine Schichten übernehmen. Wir haben im Team glücklicherweise ein paar sehr erfahrene Mitarbeiter:innen, die auch als Produzent:innen eingesetzt werden können, so bleiben wir flexibel. Bei Kind 1 und Kind 2 bin ich etwa ein halbes Jahr zu Hause geblieben, jetzt bei Kind 3 sind es ca. 7 Monate. Mein Mann war bei den Grossen ca. zwei Wochen zu Hause, dank der Gesetzesänderung und der Etablierung des Homeoffice werden es diesmal etwa vier Wochen sein.

4. Würdest du diesbezüglich retrospektiv irgendetwas anders machen?

Nein, für mich war und ist es stimmig so. Ich darf und durfte jedes Mal auf die Unterstützung meines Teams zählen, was sehr geholfen hat. Auch das Verständnis der Vorgesetzten war gross, man hat versucht, jedes Mal eine gute Lösung für alle zu finden – und dies ist meiner Meinung nach auch gelungen.

5. Was wünschst du dir von der Gesellschaft und der Arbeitswelt für die arbeitstätigen Frauen?

Ich habe vor nicht allzu langer Zeit ein Zitat gelesen, dass ich diesbezüglich sehr passend finde: «Wir Mütter sollen arbeiten, als hätten wir keine Kinder, und Kinder grossziehen, als würden wir nicht arbeiten.» Noch immer müssen sich zahlreiche arbeitende Frauen mit Kindern anhören, sie seien schlechte Mütter oder unprofessionell im Job. Das hat mit Gleichstellung und Vereinbarkeit von Beruf und Familie nichts zu tun. Die Emanzipation der Männer gehört, zumindest in meinem Umfeld, mittlerweile zum Standard. Sie sehen sich als gleichberechtigtes Elternteil, teilen sich mit der Partnerin den Haushalt und übernehmen auch einen Teil des Mental Loads. Meistens jedoch mit höchstens einem Papatag pro Woche, denn wenn es ums Einkommen geht, sind wir wieder weit weg von Emanzipation, geschweige denn von Gleichstellung. Solange die Lohnschere zwischen Mann und Frau nach wie vor so gross ist (18% gemäss BSF, 2020), die Kosten für externe Kinderbetreuung das Einkommen einer Mittelstandfamilie maximal strapaziert und nur wenige Arbeitgeber:innen bereit sind, Führungspositionen auch im Jobsharing anzubieten, treten wir punkto Vereinbarkeit auf der Stelle. Arbeitende Mütter zahlen nach wie vor einen viel zu hohen Preis für Kind UND Karriere.

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