Frau im femdat-Fokus

Barbara Neff

Naturwissenschaftlerin, Kulturmanagerin, Kuratorin

Hätte ich vor Jahren gedacht, dass ich einmal auf einer Plattform für Frauen, während ich auf Stellensuche bin, im Alter von 55 Jahren ein Portrait von mir poste?

Wohl kaum, wenn doch, ich hätte wahrscheinlich gelacht. Warum?

Weil ich mich kaum verändert hätte und mich immer wieder mit erstaunlichen Wendungen meines Lebens und Arbeitens selber überrasche.

Wo stehe ich heute beruflich und wie kam ich dahin? Das war die Frage, die mir für dieses Porträt gestellt wurde. Für die Antwort muss ich etwas ausholen.

Meine Schulzeit habe ich lieber im Wald verbracht. Der Wald war schön, hat mir aber nicht verraten wohin ich mich beruflich entwickeln könnte. So bin ich nach meinem Abitur, ohne grossen Aufwand, der Empfehlung meines Vaters gefolgt und habe eine Lehre zur Einzelhandelskauffrau, Damenoberbekleidung, gemacht.

Aber zuerst jobbte und reiste ich ein Jahr, was meinen Horizont erweiterte. Ich fand danach auch die Lehre, genauso wie die Schule nicht inspirierend, aber entschied dafür, mich diesmal leidenschaftlich zu engagieren. Nach dem Motto: «Wenn ich etwas mache, arbeiten oder leben, dann richtig». Mir wurde nach zwei Jahren jedoch klar, dass ich geistig unterfordert war.

Auch wenn geistige Unterforderung noch keiner Begabung oder Berufung entspricht, schien ein Studium naheliegend. Ich habe aber ein «einfaches» Studium ausgewählt, so wurde es damals beschrieben. Doch auf einmal kam etwas für mich ganz Neues, ich war gefordert und ich forderte mich selbst heraus, mit Lust und Freude daran.

Nebenher habe ich mein Studium selber finanziert. Die Partys waren immer noch nicht zu Ende, wenn ich von der Arbeit kam, dafür waren die anderen schon lustig drauf, umso besser. Nach drei Jahren hatte ich alle Scheine für das Diplom, nur die grossen Exkursionen fehlten mir. Deshalb habe ich nebenbei mit dem Studium der Geologie begonnen und nach weiteren drei Jahren darin mein Diplom, mit allen notwendigen Exkursionen gemacht. Die waren nicht so lang, nicht so weit weg und billiger. Mit zwei kleinen Kindern habe ich dann nach weiteren drei Jahren mit dem Doktorat abgeschlossen. Die Untersuchung meiner Doktorarbeit war eine Grabungsstelle, die auch ein Naturkundemuseum in Deutschland betreute.

So habe ich danach zum Hörer gegriffen – ein wenig nervös war ich schon, weil ich mir die skurrilen Antworten der Ablehnung ausgemalt habe und wie ich damit adäquat umgehen soll – und bei einem Naturkundemuseum in der Schweiz angerufen, den Direktor verlangt und nach einem Praktikumsplatz gefragt. Den habe ich bekommen, es ging um die Fertigstellung einer Ausstellung. Danach gab eins das andere, zuerst bekam ich eine Kuratoren Stelle, die nach einem Jahr unbefristet entfristet werden sollte. Ich wollte Verantwortung übernehmen, deshalb zog ich die Leitungsstelle eines Museums vor, danach Leitung eines Kulturamtes…usw.

Es gibt einen Haken an dieser Geschichte.
Ich habe beruflich viel erreicht, mich eingesetzt, engagiert, hart gearbeitet, Kinder versorgt, dabei weitergeschafft und das immer gerne. Meine Selbstzweifel und Ängste musste ich auch mehrfach überwinden, aber sie waren gleichzeitig wohl auch mein Ansporn. Irgendwann habe ich in einem Assessment über mich erfahren, dass ich u.a. überdurchschnittlich gut in Mathematik bin und daneben ein ausserordentliches analytisches Verständnis besitze. Ich war extrem erstaunt. Meine Vorgesetzten hatten schon freundliche Worte für mich, aber ich hatte mich ja auch angestrengt und war immer gut vorbereitet. Deshalb fand ich ihr Feedback logisch und okay, aber keineswegs aussergewöhnlich. Neue Erkenntnisse geben die Möglichkeit sich zu hinterfragen.

Und so habe ich rückblickend Fehler gemacht, eigentlich zwei.
Ich habe geglaubt, was ich kann, das können alle anderen auch. Mal mit grossem Erfolg – weil ich Vertrauen schenkte und Vertrauen wird eben gerne mit positiver Entwicklung belohnt – aber schon auch mal zum Entsetzen meiner Gegenüber, durch Überforderung die sie spürten.

Der zweite Punkt hat mit wenig Zeit zu tun.
Ich habe spät begonnen, ein kollegiales Netzwerk aufzubauen, mich mit Peers auszutauschen, ausserhalb dem direkten Arbeitsumfeld über die Arbeit zu reden, Dinge zu relativieren und gelegentlich auch meine Leistungen zu reflektieren. Es ist interessant, was einem im Nachhinein auffällt, doch Überraschungen gibt es auch weiterhin genug.

Aus dem ersten Fehler habe ich viel gelernt – den zweiten Fehler versuche ich jetzt durch aktive Kommunikation und Netzwerken zu korrigieren.

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